Wie funktioniert Werbung? Dieser Frage geht unter anderem die Sozialpsychologie nach. Sie kommt dabei zu interessanten Ergebnissen über die Voraussetzungen für erfolgreiche Werbestrategien. So belegen mehrere wissenschaftliche Studien, dass die Stimmung, in der man sich befindet und die Emotionen, die durch Werbebilder und Texte vermittelt werden, die Wirkung von Werbung verstärken können. Auch das Bild einer bekannten Persönlichkeit oder Markennamen können Menschen zum Kauf eines Produktes veranlassen. Doch warum ist das so?
Ein Grund für den Erfolg von Werbung ist vermutlich, dass Menschen in Situationen, die ihnen unwichtig erscheinen, Entscheidungen aufgrund einfacher Signale treffen, anstatt nachzudenken und abzuwägen. Wie wenig sie dabei auf den sachlichen Inhalt eines Überzeugungsversuchs achten, veranschaulicht folgendes Experiment am Kopiergerät einer Universitätsbibliothek: Ein Forscher ging auf Studierende zu, die gerade kopierten, und bat diese, ihn vorzulassen. Die Bitte wurde in drei Testphasen unterschiedlich formuliert. In der ersten Phase wurden die Personen am Kopiergerät gefragt: „Entschuldigung. Ich habe fünf Seiten. Darf ich den Kopierer benutzen?“ In der zweiten Phase wurde die Bitte mit dem Zusatz „weil ich in Eile bin“ begründet. Wie erwartet, willigten mehr Personen ein, wenn die Bitte gerechtfertigt wurde (90 %), als wenn die Rechtfertigung ausblieb (60 %). In der dritten Testphase wurden die Personen am Kopiergerät folgendermaßen angesprochen: „Entschuldigen Sie. Ich habe fünf Seiten. Darf ich den Kopierer benutzen, weil ich einige Kopien machen muss?“ Bei aufmerksamer Lektüre fällt auf, dass hier gar keine Begründung dafür gegeben wird, warum die Studierenden den Forscher vorlassen sollten. Erstaunlicherweise gaben dieser Version der Bitte aber 93 % der angesprochenen Personen statt! Die inhaltliche Begründung scheint also nicht ausschlaggebend für den Erfolg zu sein.
Das Experiment verdeutlicht, dass Menschen, wenn sie nicht an Details interessiert sind, oberflächliche Hinweise nutzen, um rasch zu einer Beurteilung oder Entscheidung zu gelangen. Im geschilderten Experiment war es das Wort „weil“, das den Versuchsteilnehmern eine Begründung signalisierte. Die Aussage nach diesem Signalwort wurde somit ohne weitere Überprüfung als Begründung akzeptiert. Ähnlich können in der Werbung von einem Experten oder Prominenten vorgebrachte Argumente für den Erwerb eines Produkts sprechen, ohne dass wir über die Argumente als solche, über ihre Stichhaltigkeit und logische Einbindung nachdenken. Ohne diese Hinweise, mentale Abkürzungen genannt, wäre man in vielen Situationen aufgrund der Fülle an einströmenden Informationen überfordert und unfähig, zu Entscheidungen zu gelangen. Mentale Abkürzungen erlauben daher schnelle und in der Regel effektive Reaktionen. Würde man z. B. im Supermarkt alle Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Marken abwägen, so nähme die für einen Einkauf aufgewendete Zeit erheblich zu.
Im Gegensatz dazu prüfen wir Informationen, die für uns besonders wichtig sind, in der Regel kritisch. Werbung kann daher auf zwei Arten erfolgreich sein: Wenn Menschen Fakten und Argumente aufmerksam prüfen, mit denen man sie von einer Sache zu überzeugen versucht, spricht man vom zentralen Weg der Überredung. Konzentrieren sich Menschen hingegen weniger auf die Fakten und Sachargumente, sondern eher auf oberflächliche Merkmale einer Botschaft (z. B. prominente Personen, die sie vorbringen), spricht man vom peripheren Weg der Überredung. Auf welche Weise Konsumenten sich entscheiden, hängt also auch von ihrer Motivation ab, Informationen wahrzunehmen.
Geht man beispielsweise davon aus, dass sich Leser eines PC-Fachmagazins für die Computerprodukte in den Anzeigen interessieren, sind Anzeigen mit überzeugungsstarken Einzelinformationen wirkungsvoll. In einem Medium wie dem Fernsehen aber, bei dem Werbung eher oberflächlich wahrgenommen wird, sind Werbemaßnahmen effektiver, die dem Konsumenten die Anwendung mentaler Abkürzungen erlauben, etwa durch das Bild eines bekannten Sportlers.
Kurzfristig betrachtet sind beide Werbestrategien gleichermaßen erfolgreich. Doch zu Kaufentscheidungen, die nach sorgfältiger Analyse unterschiedlicher Argumente getroffen wurden, steht der Konsument auch später noch, während beiläufig gewonnene Meinungen auch rasch revidiert werden können.
Markieren Sie die richtige Antwort.
Ja | Nein | Text sagt dazu nichts | |||
(01) | Der Einfluss der Werbebotschaft auf unsere Gefühle ist noch weitgehend unerforscht. |
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(02) | Je interessanter die Werbung gestaltet ist, desto mehr Produkte werden verkauft. |
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21 | Werbung hat das Denken und Handeln der Menschen verändert. | 21 | |||
22 | In der Untersuchung bittet ein Wissenschaftler Studierende, ihm beim Kopieren zu helfen. |
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23 | Die Studierenden reagierten auf die Formulierung, nicht auf den Inhalt der Bitte. | 23 | |||
24 | Die Einschätzung von Informationen erfolgt in bestimmten Situationen anhand von oberflächlichen Signalen. | 24 | |||
25 | Mentale Abkürzungen dienen dazu, mehr Informationen aufzunehmen und genauer zu analysieren. | 25 | |||
26 | Die Menschen benötigen heute mehr Zeit für den Einkauf als früher. | 26 | |||
27 | Der zentrale Weg der Überredung spricht den Verstand des Menschen an. | 27 | |||
28 | Je mehr der periphere Weg der Überredung in der Werbung eingesetzt wird, desto mehr wird konsumiert. | 28 | |||
29 | In Fachzeitschriften ist Werbung mit prominenten Persönlichkeiten besonders erfolgreich. | 29 | |||
30 | Je mehr Werbung wir wahrnehmen, desto schwerer fällt uns die Kaufentscheidung. | 30 |
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